My Father Blue Toro: Nicht typisch Don Pepin – aber geiler!

My Father Blue Toro: Nicht typisch Don Pepin – aber geiler!

Als die García-Familie 2021 die ersten Pläne für eine neue Fabrik in Honduras ankündigte, horchte die Zigarrenwelt auf. Nicaragua war lange ihr Zuhause, hier hatten sie My Father, La Opulencia und zahlreiche Meisterwerke entwickelt – Zigarren, die nicht nur durch ihre Qualität, sondern auch durch ihre charakteristische Handschrift auffielen. Honduras aber war Neuland, ein frisches Terrain mit eigenem Boden, eigener Tabaktradition und ganz neuen Herausforderungen. Dass die Garcías diesen Schritt wagten, zeugte von Mut, Weitsicht und der Bereitschaft, das Handwerk ihrer Familie weiterzudenken. Das Resultat: die Finca La Opulencia nahe El Paraíso, eine 7.250 Quadratmeter große Fabrik mit Kapazitäten für bis zu 200 Boncheros und Roleras. Und die erste Serie, die das Licht der internationalen Zigarrenwelt erblickte, trägt den Namen My Father Blue.

My Father: Nicht Nicaragua, sondern Honduras

Die Blue Toro ist das Flaggschiff dieser Serie. Schon beim Auspacken fällt das makellos verarbeitete Deckblatt auf: Connecticut Rosado Broadleaf aus Ecuador, matt, fast seidig in der Haptik, sorgfältig gerollt, ohne Makel. Die Banderolen strahlen in einem kräftigen Hellblau, ergänzt durch ein dezentes Emblem, das das Debütjahr markiert. Eine Hommage an die himmelblaue Flagge Honduras und zugleich ein Symbol für frischen Wind innerhalb einer Traditionsmarke. Allein das Erscheinungsbild signalisiert: Diese Zigarre ist kein Experiment, sondern ein sorgfältig komponiertes Produkt, das sowohl Ästhetik als auch Handwerk in den Vordergrund stellt.

Doch die wahre Faszination beginnt, sobald man den ersten Zug nimmt. Die Konstruktion der Zigarre ist ein Musterbeispiel für Präzision: der Zugwiderstand perfekt, der Abbrand gleichmäßig, kein Schiefbrand, kein ungleichmäßiges Glimmen. Jeder Zug bestätigt: Die Garcías haben nicht nur die Fabrik, sondern auch die Fertigungsprozesse von Grund auf durchdacht. Das Handwerk spricht für sich, doch was wirklich zählt, ist das, was im Mund passiert.

Die My Father Blue Toro hat es geschafft, mich geschmacklich zu überraschen. Und das bei jemandem, der die Marke zuvor nur selektiv schätzt. Viele My Father-Zigarren tragen die unverwechselbare Mischung aus holzig-erdigen Noten und einem charakteristischen Don-Pepin-Pfeffer-Kick, der nicht jedem Gaumen schmeichelt. Die Blue Toro hingegen zeigt, dass es auch anders geht: kraftvoll, vollmundig, aber subtil und unglaublich ausgewogen.

Ein Pfeffer-Punch, den niemand vermisst!

Das erste Drittel eröffnet mit klassischem Holz und erdigen Nuancen, unterlegt von einer dezenten Würze, die sofort Neugier weckt, ohne zu dominieren. Bereits nach wenigen Minuten mischen sich feine Akzente von trockenem Kakaopulver und Espresso in das Aromenspiel, begleitet von einem Hauch schwarzen Pfeffers, der die Sinne stimuliert, aber nie überfordert. Die Balance zwischen Stärke und Finesse ist bemerkenswert: kräftig, ja, aber niemals brutal-banal.

Im zweiten Drittel setzt die Zigarre noch einen drauf. Cremige Milchkaffee-Nuancen treten hervor, abgerundet durch weiche, cremige Kakaoaromen, die den Rauch angenehm rund und geschmeidig machen. Die subtile Süße, die sich hinter den Aromen verbirgt, verleiht der Zigarre eine fast melodisch-melancholische Struktur. Der Rauch entwickelt sich, verändert sich, bleibt aber konsistent in seiner Qualität und im Vergnügen, das er bereitet. Man spürt, wie viel Sorgfalt in der Auswahl des honduranischen Criollo- und Corojo-Tabaks steckt, der gemeinsam mit dem Connecticut Rosado Broadleaf ein perfekt abgestimmtes Ensemble bildet.

Das letzte Drittel zeigt die Blue Toro von ihrer eindrucksvollsten Seite: vollmundig, hocharomatisch, mit klarer Struktur. Die Würze ist präsent, aber nie aufdringlich, die Süße harmoniert mit den Kakao- und Espressoaromen und der Rauch bleibt samtig, ohne zu verflachen. Jede Nuance hat Platz, jede Veränderung im Geschmack wird spürbar, ohne das Gesamtbild zu stören. Für Aficionados bedeutet das: Hier handelt es sich um eine Zigarre, die Charakter zeigt, Tiefe entwickelt und trotzdem auf höchstem Niveau genussvoll rauchbar bleibt.

Don Pepins Offenbarung: My Father kann Honduras

Bemerkenswert ist, wie die Blue Toro ihre Vollmundigkeit transportiert. Sie fordert den Gaumen, ohne ihn zu überfordern, sie ist intensiv, ohne hart zu wirken, sie zeigt die typische García’sche Kunst, doch auf eine völlig andere Art als bisher. Für jemanden, der die „klassischen“ My Father-Zigarren eher selektiv raucht („La Opulencia“ oder „Le Bijou“), ist dies eine Offenbarung.

Abseits von Geschmack und Konstruktion erzählt die Blue Toro auch eine Geschichte von Mut und Innovation: eine Familie, die ihr Erbe ehrt, aber den Blick nach vorn richtet. Honduras als neuer Standort bedeutet nicht nur andere Tabake und Böden, sondern auch neue handwerkliche Herausforderungen. Dass die Garcías diese gemeistert haben, zeigt sich in jedem Detail: vom Zugwiderstand über den Abbrand bis hin zur harmonischen Aromastruktur. Am Ende bleibt die My Father Blue Toro eine Zigarre, die gleichermaßen Herz, Kopf und Gaumen anspricht. Sie vereint Präzision und Kreativität, Handwerkskunst und Geschmackserlebnis, Tradition und Innovation. Wer sie raucht, versteht sofort, warum die García-Familie nicht nur Legenden in Nicaragua sind, sondern mit dieser Serie auch in Honduras ein deutliches Zeichen gesetzt hat.

 

 

Diese fantastische Zigarre hat mich nicht nur bedingungslos überzeugt, sondern sie wird ab sofort fester Bestandteil meines Humidors bleiben.

EtwasGenuss wünscht euch
Toto


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