Neulich war ich mal wieder auf der Suche nach einer Zigarre, die mich richtig packt. Ihr kennt das sicher: Man hat so viele schon probiert, manches ist gut, manches okay, aber selten bleibt wirklich was hängen. Und dann fiel mir die CAO Medio Tiempo Robusto in die Hände. Eine Zigarre, bei der ich ehrlich gesagt keine großen Erwartungen hatte. CAO ist nicht unbedingt meine Lieblingsmarke. Aber manchmal ist genau das der perfekte Ausgangspunkt für eine Überraschung.
Optisch macht die Zigarre sofort Eindruck. Dunkel, fast schon schwarz liegt sie da, mit einem US-Broadleaf-Deckblatt, das satt und leicht ölig wirkt. Der Kaltgeruch setzt sich aus erdiger Süße, einem Hauch Kakao und etwas Würze zusammen. Das wirkt vielversprechend. Ich zünde sie an, lehne mich zurück und bin erstaunlicherweise sofort drin im Geschehen. Und das bei CAO …
Harmonischer Start mit Steigerungspotenzial
Der Start ist harmonisch, süß, fast schon gemütlich. Der Rauch fühlt sich leicht cremig an, der Zug ist einwandfrei, und nach wenigen Zügen entfalten sich Noten von dunkler Schokolade, etwas Erde und einer warmen Würze. Das Ganze wirkt balanciert, nichts sticht unangenehm heraus, alles passt zusammen. Nach ein paar Minuten kommt eine leichte Pfeffrigkeit dazu, die das Ganze interessanter macht, aber nie zu dominant wird. Ich denke mir: „Okay, die hat was. Da geht noch was.“
Das zweite Drittel ist für mich das Highlight. Die Zigarre wird vielschichtiger: Jetzt kommen Kaffee, sanfte Vanille und trockene, dunkle Schokolade ins Spiel. Das Aroma erinnert mich ein bisschen an ein gut gemachtes Tiramisu mit einem doppelten Espresso daneben. Der Pfeffer bleibt im Hintergrund präsent und verleiht dem Ganzen Struktur, aber sich zu sehr aufzudrängen. Der Rauch ist weiterhin voll und angenehm, und obwohl die Kraft langsam zunimmt, bleibt alles kontrolliert.
Etwas divenhaft aber dennoch bezaubernd
Einziger kleiner Wermutstropfen: Der Abbrand wird ein wenig ungleichmäßig. Nichts Dramatisches, aber man muss gelegentlich mit dem Feuerzeug nachhelfen. Das ist so ein Moment, wo man sich fragt, ob’s jetzt anfängt, nervig zu werden. Aber dann kommt wieder ein Zug mit dieser herrlichen Mischung aus Süße und Röstaromen, und man verzeiht der kleinen Diva ihr Temperament.Im letzten Drittel dreht die CAO dann richtig auf. Mehr Kraft, mehr Pfeffer und die Süße bleibt dezent im Hintergrund noch vorhanden. Die Medio Tiempo entwickelt eine gewisse Tiefe.
Nach gut 90 Minuten ist Schluss. Und ich bin ehrlich: Ich hätte ihr das nicht zugetraut. Sie hat mich auf eine Reise mitgenommen, war mal charmant, mal fordernd, aber nie langweilig. Keine Zigarre, die man mal eben beim Rasenmähen raucht, sondern eine, für die man sich Zeit nimmt. Und die einem dafür auch was zurückgibt. Was bleibt? Eine intensive, geschmacklich spannende Zigarre, die sich deutlich von der oft als „mild“ verschrienen dominikanischen Masse abhebt. Gute Verarbeitung, cremiger Rauch, spannende Aromenentwicklung und ein absolut fairer Preis (unter 10 Euro). Ja, sie hatte ein paar kleine Macken beim Abbrand, und das letzte Drittel ist aufgrund der zunehmenden Intensität etwas fordernder. Aber unterm Strich bleibt ein durchweg positiver Eindruck.
Und obwohl CAO wie gesagt nicht unbedingt meine erste Wahl ist: Diese Medio Tiempo Robusto hat sich ihren Platz im Humidor verdient. Vielleicht nicht für jeden Tag, aber definitiv für die Abende, an denen man etwas Besonderes will.
Etwas Genuss wünscht euch
Toto