Was war das denn bitte? Kürzlich hatte ich das Vergnügen, die Esteban Carreras Mr. Brownstone Natural Toro Grande zu rauchen – eine Empfehlung von Daniel aus unserer Community. Und was soll ich sagen: Diese Zigarre hat mich in mehrfacher Hinsicht überrascht. Inwiefern, und warum ich mich dabei zwischenzeitlich an den Pawlow’schen Hund erinnert fühlte, erfahrt ihr jetzt.
Die Optik der Mr. Brownstone war schon vielversprechend. Zwar lässt sich über das Bauchbinden-Konglomerat durchaus streiten, der eine mag es opulent, der andere empfindet es als überladen, doch wertig sah die Zigarre in jedem Fall aus. Das Deckblatt hatte einen schönen öligen Glanz und präsentierte sich in einem satten, Schokobraun-Ton. Kurz gesagt: Sie sah so appetitlich aus, dass ich gar nicht anders konnte, als ihr Feuer zu geben.
Die Brandannahme funktionierte ohne jede Schwierigkeit. Kaum angezündet, war die Mr. Brownstone Feuer und Flamme – und, um ehrlich zu sein, ich ebenso. Interessanterweise erinnerte mich der Name sofort an den gleichnamigen Song von Guns N’ Roses. Dort steht „Brownstone“ als umgangssprachliches Synonym für Heroin, während man in den USA mit „Brownstones“ eigentlich die rötlich-braunen Sandsteinhäuser bezeichnet, die vor allem in Brooklyn oder Manhattan das Stadtbild prägen. Mit Heroin hat sie eigentlich auch nicht viel gemein, außer dass die Suchtgefahr deutlich gegeben ist. Aber ich schweife ab …
Die Zigarre jedenfalls hatte glücklicherweise nichts Dichtes, Schweres oder Steinernes an sich. Ganz im Gegenteil: Der Zugwiderstand war perfekt austariert, so dass sich von Anfang an ein angenehmer Rauchfluss einstellte. Schon die ersten Züge waren fantastisch.
Doch dann passierte etwas völlig Unerwartetes: Jedes Mal, wenn ich einen Zug nahm und den Rauch sanft ausstoßen wollte, setzte ein regelrechter Speichelfluss ein. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: der Rauch wurde von Sabber begleitet, und ich konnte schlichtweg nichts dagegen tun. Diese Zigarre löste bei mir eine körperliche Reaktion aus, die ich so noch nie erlebt hatte. Mit jedem Zug bekam ich Speichelsturz und fühlte mich unweigerlich an Pawlows berühmten Hund erinnert, der konditioniert auf das Läuten einer Glocke mit Speichelfluss reagierte.
Der Grund dafür lag zweifellos in den Aromen, die einfach exquisit waren. Schon beim Anzünden nahm ich eine sanfte Holz-Karamell-Note wahr, die sich wunderbar auf der Zunge entfaltete. Sehr schnell gesellte sich eine deutliche Schokoladennote hinzu. Tief, cremig, fast wie frisch gebackene Brownies oder saftige Muffins. An dieser Stelle entfuhr mir tatsächlich ein innerliches „What the …?!“. So etwas erlebt man nicht alle Tage.
Je länger ich die Zigarre rauchte, desto faszinierender wurde ihr Aromenspiel. Die Schokolade blieb, doch sie wurde ergänzt von feinen Nuancen: Nussigkeit, ein Hauch von Melasse, später dann eine überraschend deutliche Cappuccino-Note. Besonders im zweiten Drittel baute die Mr. Brownstone ihre aromatische Vielfalt weiter aus.
Diese nicaraguanische Puro – die Deckblatt-, Umblatt- und Einlagetabake (Condega, Esteli, Jalapa) stammen alle aus Nicaragua – wurde immer besser und besser. Im Übergang zum letzten Drittel kamen noch feine Röstnoten und ein buttrig-süßer Butterscotch hinzu. Es war ein regelrechtes Crescendo der Aromen, das präzise wie ein Schweizer Uhrwerk funktionierte. Jede Geschmacksnuance war klar erkennbar, nichts überlagerte das andere, alles harmonierte miteinander. Genau das macht für mich den Unterschied zwischen einer guten und einer herausragenden Zigarre.
Das Format Toro Grande (6 × 52) bot dabei den perfekten Rahmen. Die Zigarre brannte über weite Strecken sauber ab und entwickelte einen dichten, cremigen Rauch. Lediglich ein kleiner Schiefbrand schlich sich im letzten Drittel ein, der aber leicht zu korrigieren war und den Gesamteindruck keineswegs trübte. Unterm Strich ist die Esteban Carreras Mr. Brownstone Natural Toro Grande eine Zigarre, die mich vollkommen gecasht hat. Der Preis von rund zwölf Euro ist mehr als gerechtfertigt, wenn man bedenkt, welch komplexes und zugleich harmonisches Rauchvergnügen man dafür erhält.
EtwasGenuss (in diesem Falle sogar viel Genuss) wünscht euch Toto



